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Greizer Schüler erhalten Preis zum "Jahr der Demokratie“

Landessieger Katharina Wolfrum (v.l.n.r) und Raoul Stirkat erhalten die Glückwünsche ihres Geschichtslehrers Christian Tischner.
Landessieger Katharina Wolfrum (v.l.n.r) und Raoul Stirkat erhalten die Glückwünsche ihres Geschichtslehrers Christian Tischner.

90 Jahre Weimarer Republik, 60 Jahre Grundgesetz und 20 Jahre friedliche Revolution - diese Daten bildeten die historische Klammer für das "Jahr der Demokratie 2009". Schülerinnen und Schüler aus Thüringer Regelschulen, Förderzentren und Gymnasien nahmen das zum Anlass für Projektarbeiten. Die besten Arbeiten im Wettbewerb des Thüringer Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur wurden nun mit Sach- und Geldpreisen ausgezeichnet. Zu den Landessiegern zählten auch zwei Greizer Gymnasiasten der elften Jahrgangsstufe.
Katharina Wolfrum und Raoul Stirkat beschäftigten sich mit der Greizer Künstlerin Elly-Viola Nahmmacher. In einem sechsmonatigen Projekt erforschten beide Geschichte, die in Greiz und der näheren Umgebung stattgefunden hat. Sie recherchieren in Archiven, interviewen Zeitzeugen, befragen Experten und führten Umfragen durch. So gelangten sie zu einem stimmigen und kritisch ausgewogenem Bild über eine Künstlerin, die mit ihrer Geradlinigkeit und menschlichen Wärme eine Vorbildfunktion für junge Menschen in Demokratien einnehmen kann.
Grundlegend für das Verständnis von Demokratie ist die Annahme der beiden Schüler, dass hierdurch eine möglichst große Fülle an Freiheits- und Menschenrechten gewährleistet werden kann. Demokratisches Verhalten kennzeichnet sich demnach durch das Zurückstellen persönlicher Belange gegenüber anderen Menschen und das moralische Handeln in Situationen die von autoritären Strukturen bestimmt werden. Ein Demokrat besitzt in diesem Sinne also Standhaftigkeit, Ehrgeiz, moralische Urteilsfähigkeit und gesellschaftliches Engagement. Es wird gezeigt, dass demokratisches Leben auch als vorbildhaftes Handeln für gegenwärtige Generationen verstanden werden muss.
In ihrem Wettbewerbsbeitrag mit dem Titel „Demokratin und Künstlerin im DDR-Alltag" beschreiben beide die Künstlerin als eine durch den Glauben geleitete, die Nächstenliebe in die Tat umsetzende Persönlichkeit. Dabei wird beschrieben, dass sie es sowohl während des Nazi-Regimes als auch zur Zeit der DDR-Diktatur nicht leicht hatte und trotzdem von ihrem künstlerischen Weg und demokratischen Überzeugungen nicht abgekommen ist.
In Gesprächen mit Günther Ullmann, Reiner Kunze und Dietmar Brosig wurde den jungen Greizer Historikern deutlich, dass Elly-Viola Nahmmacher eine charakterstarke Frau mit viel Ehrgeiz, Standhaftigkeit und Produktivität war. Ihre moralische Größe zeigte sie an herausragenden Taten wie die unbeirrte Arbeit an dem Denkmal für Pfarrer Brüsewitz aus Zeitz oder den sichtbaren Protest gegen die sozialistische Diktatur, durch das fallen lassen einer Stalinbüste.
Hilfreiche Hinweise fanden Katharina Wolfrum und Raoul Stirkat bei Winfried Ahrenhövel, dem künstlerischen Nachlassverwalter von Elly-Viola Nahmmacher, und ihrem Geschichtslehrer Christian Tischner.
Im Rahmen ihrer Seminarfacharbeit erarbeiten beide derzeit Vorschläge, wie das Gedenken an die Greizer Künstlerin stärker, gerade bei jungen Menschen, wachgehalten werden kann.

 

Morgen wählen die Schüler


Jugendfeuerwehr und drei Schulen nehmen an U-18-Wahl teil
Von Robert Riedel Greiz/Mohlsdorf. Für etwa 500 Jugendliche aus Greiz, Reudnitz und Gottesgrün gilt es morgen, den Bundestag zu wählen. Sie sind Teil des bundesweiten Projektes "U 18 - Die Wahl für Kinder und Jugendliche , welches schon seit einigen Jahren versucht, Jugendlichen Demokratie näher zu bringen.

Da die Deutsche Jugendfeuerwehr dieses Projekt unterstützt, hatte die Jugendfeuerwehr Mohlsdorf im Frühjahr nach Mitstreitern gesucht und gefunden - morgen stehen Wahlurnen in der Regelschule Greiz-Pohlitz, wo es für die 7. bis 10. Klassen sogar Wahlbenachrichtigungen gegeben hat; im Gymnasium Greiz, wo der Sozialkundekurs der 11. Klassen sich für die Beteiligung der 9. bis 12. Klassen stark machte; sowie in der Freien Regelschule Reudnitz, wo das Thema im Lehrplan der Klasse 9 vorgezogen worden ist. Die Schulen haben selbst entschieden, welche Klassen am Projekt teilnehmen. So wählen - je nach Schule - die siebenten bis zwölften Klassen den Direktkandidaten für den Deutschen Bundestag und eine Partei aus der Thüringer Landesliste.

Dabei wählen die Schüler keine Fantasiepolitiker, sondern die Kandidaten, die tatsächlich auf dem Stimmzettel unseres Wahlkreises stehen.

Ziel der Aktion ist es, die Wahlbeteiligung auf lange Sicht zu erhöhen und das Demokratieverständnis zu stärken. Ferner sollen Politiker aus dem Wahlergebnis Rückschlüsse ziehen können.

Die Lehrer der beteiligten Schulen haben dem politischen Anlass entsprechend das Thema Wahlen und Demokratie auf den Schuljahresanfang gelegt - U 18 soll hier eine Art praktische Übung sein. Bei U 18 dürfen alle Kinder und Jugendlichen wählen - also vom Tag ihrer Geburt an bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Wer Lust dazu hat, seine Stimme abzugeben, kann dies zwischen 16 und 18 Uhr im Gerätehaus der Feuerwehr Gottesgrün tun, wo durch die Jugendfeuerwehr auch die Stimmzettel aus den Schulen ausgezählt werden.

Auf www.u18.org werden heute Abend ab 18 Uhr im Zehnminutentakt Hochrechnungen und Ergebnisse der fast 900 Wahllokale eingeblendet; auf www.ff-gottesgruen.de wird im Laufe des Wochenendes das lokale Wahlergebnis eingestellt.Auf www.u18.org werden morgen ab 18 Uhr im Zehnminutentakt Hochrechnungen und Ergebnisse der fast 900 Wahllokale eingeblendet.

16.09.2009

Aus Haft nicht zurück gekehrt

Freya Klier spricht zum Thema "Opposition gegen das SED-Regime in Thüringen"

Von Holger Zaumsegel Greiz (OTZ). Matthias Domaschk wird am 12. April 1981 tot in einer Zelle i#12#5#12n der Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit (Stasi) Gera aufgefunden. Er ist nur 24 Jahre alt geworden. Wenige Tage später, am Gründonnerstag 1981, nehmen mehr als 100 Menschen in Jena von ihm Abschied.

Über das Leben des jungen Gegners des SED-Regimes berichtete gestern Freya Klier. Die Schriftstellerin war im Rahmen der Reihe "Kluge Köpfe reden ..." zu Besuch im Greizer Gymnasium und referierte vor Schülern der 10. Klassen über das Thema "Opposition gegen das SED-Regime in Thüringen". Dazu stellte die 59-Jährige ihr Buch "Matthias Domaschk und der Jenaer Widerstand" vor.

In szenischen Ausschnitten aus ihrem Werk skizzierte Freya Klier das Leben von Domaschk und die aufkeimende Widerstandsbewegung in Jena. Gespickt waren ihre Erläuterungen mit persönlichen Erfahrungen, die sie, selbst zweimal zu DDR-Zeiten inhaftiert, gemacht hat.

Politischen Widerstand, erklärte sie den Schülern, habe es überall in der DDR nach dem Mauerbau 1961 gegeben. Der Kampf der SED gegen den Beat, gemeint ist vor allem die Musik von Gruppen wie den Beatles und den Rolling Stones, habe einen großen Anteil daran. Es entstand eine Szene von Andersdenkenden, die die Stasi genau unter die Lupe nahm. Lange Haare, erinnerte sich die Autorin, waren damals verpönt. So auch an ihrer Schule, wo so mancher gezwungen wurde, sein fülliges Haupt zu lichten. Übereifrige Lehrer und auch der Hausmeister hätten da schon mal die Schere in die Hand genommen.

Doch das waren noch die milderen Methoden, mit denen die SED gegen die vermeintlichen Staatsfeinde vorging. Das Verbot, sein Abitur zu machen, habe den ein oder anderen schlimmer getroffen. Allein in ihrer Klasse, erzählte Klier, die in Dresden geboren wurde und dort auch zur Schule ging, hätten sich drei Schüler das Leben genommen. Überhaupt sei die Selbstmordrate in der DDR in den 1960-er und 70-er Jahren sehr hoch gewesen.

Auch in Jena, berichtete Klier, hat es Menschen gegeben, die gegen den Staat aufbegehrten. Sie fanden Anfang der 70-er Jahre in der von der Kirche getragenen Jungen Gemeinde Unterschlupf. Hier hätte man auch mal seine Meinung sagen können, ohne gleich mit Strafen seitens der Stasi rechnen zu müssen. Und so wurde die Junge Gemeinde u. a. Zufluchtsort für Langhaarige, Wehrdienstverweigerer, Tramper und Beatfans.

Auch Matthias Domaschk gehört dazu. Der Jugendliche wächst in diesem Umfeld auf, lernt seine spätere Freundin Renate Groß - heute Pastorin in Frankfurt/Main - kennen. Die Liebe trägt bald Früchte, 1976 kommt Tochter Julia zur Welt. Kurz vor der Geburt werden beide aber noch von Mitarbeitern der Stasi verhaftet. Die Stasi-Leute tricksen Matthias Domaschk aus, lassen ihn glauben, seine Freundin Renate hätte ihr Kind bekommen. Er fängt an zu reden, kommt zwar wieder frei, steht seitdem aber unter besonderer Beobachtung. Er darf kein Abitur machen, sondern nur seine Lehre beenden. Später wird er bei seinem Wehrdienst schikaniert.

Als er das Soldatenleben hinter sich hat, beginnt er ein normales Leben, plant 1981, seine neue Freundin zu heiraten. Doch es kommt anders. Auf dem Weg zu einer Geburtstagsfeier in Berlin im Frühjahr 1981 wird Matthias "Matz" Domaschk im Zug von der Polizei festgenommen und nach Gera gebracht. Ein Stasi-Spitzel hat ihn in Zusammenhang mit Terrorismus gebracht. Aus Gera kehrte der 24-Jährige nie wieder lebend zurück.

Was sie an der DDR vermisse, wurde Freya Klier in der anschließenden Diskussionsrunde von einer Greizer Schülerin gefragt. Sie musste nicht lange nachdenken. "Nichts", antwortete die Autorin.

www.freya-klier.de

 

Quelle: www.otz.de, 9.9.09.